Damaso C. Vertido (Misereor) zu Gast am ELG
Hinzugefügt am 16. März 2015
Der Klimawandel ist bereits deutlich spürbar
MISEREOR-Gast aus den Philippinen zu Gast am Elisabeth-Langgässer-Gymnasium
„Ich glaube, dass der Klimawandel noch zu begrenzen ist. Diesen Kampf dürfen wir nicht aufgeben, weil wir sonst niemals sehen können, ob wir eine Chance gehabt hätten!“
Das ist die Überzeugung von Damaso C. Vertido, der sich auf Einladung des katholischen Hilfswerks MISEREOR für einige Tage in der Region aufhält und von der Situation vor Ort vor mehr als 130 Schülerinnen und Schülern in englischer Sprache berichtet. Vertido leitet ein Projekt zum Küstenschutz auf der größten philippinischen Insel Mindanao. Viele Fischer leben nach wie vor in ihren Holzhütten direkt in der Küstennähe. Durch die veränderten klimatischen Bedingungen haben sich viele Fischarten in tiefere Gewässer zurückgezogen, was das traditionelle Fischen immer schwieriger macht. Ein effektiver Schutz der Küste bietet die planmäßige Pflanzung von Mangroven, die zusätzlich dafür sorgt, dass Fische auch küstennah laichen und aufwachsen können. Müll und vor allem Plastik verhindern das Wachstum der wichtigen Pflanzen; folglich wird Umweltschutz automatisch zum Küstenschutz. Auf die Frage einer Schülerin, warum die Menschen denn immer noch direkt an der Küste wohnen, wo doch die Anzahl der Taifune und deren Stärke von Jahr zu Jahr zunehme, antwortet Vertido, dass die Küstenstreifen für die arme Bevölkerung die einzige Region sei, an der sie wohnen können, die Küste sei „frei“. Mehr als 10% der Bevölkerung müsse mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag auskommen, da könne man mit dem Wohnraum nicht zimperlich sein. Ein wichtiger Schritt sei es, das Solidaritätsgefühl unter der Bevölkerung in seinem Gebiet zu stärken. Seine Nichtregierungsorganisation „MinLand“ arbeitet zurzeit daran, ein einheitliches Frühwarnprogramm einzuführen, das den Menschen mit sicheren Rückzugsmöglichkeiten vor Ort besseren Schutz bietet. „Die Stürme und die lange anhaltenden Regenfälle werden auf lange Sicht immer stärker. Viele Menschen haben alles verloren, ihre Holzhütten – mehr können sie sich nicht leisten - sind ja auch nicht stabil. Stellen Sie sich einmal vor, Sie haben keine Erinnerungsstücke mehr. Nichts, was sie beispielsweise an Ihre Kindheit erinnert.“ Die Menschen würden die Veränderungen sehr genau wahrnehmen und sich auch Gedanken um ihre Zukunft machen, während ihnen die globalen Ursachen für die sich verändernden klimatischen Bedingungen eher nicht bekannt seien. Für sie sei es auch wichtiger, konkret an der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu arbeiten als voll Zorn in Richtung der Industrieländer zu schauen. Leider leide auch der Schulbesuch der zahlreichen Kinder durch die regelmäßigen Naturkatastrophen, da die Kinder den Eltern beim Lebenserwerb helfen müssten und der Schulbesuch schlicht unbezahlbar sei. „Trotz allem lächeln die Menschen, weil sie den Kampf um ihr Leben nicht aufgeben wollen“, erläutert Vertido die Zuversicht der Menschen, der er sich auch selbst anschließt. „Wir möchten an erster Stelle die Menschen in ihrer Selbstachtung und ihrer Hoffnung so stärken, dass sie die Fähigkeit entwickeln, gegenüber Katastrophen besser bestehen zu können. Die Gefahr besteht, dass die Menschen die Stürme und die damit verbundenen Schäden als normal hinnehmen und sich passiv verhalten. Wir haben zwei Möglichkeiten: Aufgeben oder handeln. Wir haben uns für das Handeln entschieden!“ Den Zuhörern fällt vor allem auf, mit welchem Optimismus und welcher Freundlichkeit er von der doch zunehmend katastrophaleren Situation auf den vielen Inseln der Philippinen erzählt. Seine Motivation nimmt Damaso Vertido aus der eigenen Erfahrung mit Taifunen und der Erfahrung von Perspektivlosigkeit. „Natürlich muss es eine globale politische Lösung geben, damit wir die Ursachen für den Klimawandel beheben können, dennoch brauchen wir auch kleine Lösungen vor Ort, die den Menschen jetzt schon helfen. Wir hoffen, wir sind schnell genug!“ Das katholische Hilfswerk MISEREOR ist für Vertido der wichtigste Partner vor Ort. Deutsche Spenden ermöglichen erst seine Arbeit in dem Küstenschutzprogramm. Die Regierung unterstütze seine Organisation zwar auch ein wenig, sei aber mit dem Thema insgesamt überfordert. Bemerkenswert finden die Schülerinnen und Schüler vor allem, dass es keinen vorwurfsvollen Ton in seinem Bericht gibt, auch wenn allen klar ist, dass der Westen und damit sie selbst Hauptverursacher für den Klimawandel sind. „Der Westen fühlt das Problem nicht. Der Klimawandel ist hier in Europa in den Köpfen noch weit weg, so scheint es wenigstens für die Mehrzahl der Menschen im Alltag. Der Weg zur Einsicht ist lang.“ Vertido wünscht sich einen stärkeren Dialog zwischen Menschen in den westlichen Ländern und den vom Klimawandel betroffenen Ländern. Am wichtigsten sei es, dass der Dialog auch unter den Schülerinnen und Schülern sowohl im Unterricht als auch daheim fortgesetzt werde und sie zu Multiplikatoren für das Thema Klimawandel werden. „Auch ihr könnt handeln, ihr könnt den Co²-Ausstoß reduzieren, z.B. indem ihr statt mit zwei oder drei Autos in eurer Familie nur mit einem Auto fahrt! Man kann zusammen fahren, sich absprechen mit den Nachbarn. Ja, das geht, wenn man dies auch wirklich will.“
Ludger Föhrenbacher
Eingestellt von Föhrenbacher