Die Zeit von 1838 bis 1905
Nachdem 1838 die letzte Alzeyer Privatschule geschlossen worden war, bemühten sich einige weitblickende Bürger und Stadtväter eine öffentliche Schule mit höherem Bildungsanspruch ins Leben zu rufen. Über den Zweck der zukünftigen Schule schrieb der damalige Großherzogliche Oberschulrat an den Kreisrat: "Zweck der höheren Bildungs- und Realschule zu Alzey ist der einer erweiterten und höheren Schulbildung, als sie in den gewöhnlichen Bürgerschulen erlangt wird, namentlich also für realistische Bildung und als Vorbereitungsschule für diejenigen Knaben, die sich den höheren Studien widmen wollen."
Obwohl eine Finanzierung dieses Projekts zunächst sehr fraglich erschien, wurde die Schule schließlich am 30.1.1841 in einem angemieteten Privathaus in der Hellgasse 13 offiziell eröffnet. Die Anstalt hatte zunächst vier Klassen mit insgesamt 51 Schülern. Während der Anfangsjahre stand insbesondere die religiöse Erziehung im Vordergrund. In einem Bericht des ersten Schulleiters Dr. Winterstein vom 17.8.1842 heißt es: "Der Religionsunterricht steht über allen Humanioren und ist zugleich das oberste Reale aller Realien." Bereits nach zwei Jahren bestand die Notwendigkeit eines Neubaus. Im Stadtrat gab es lebhafte Debatten über die Standortfrage, die heute teilweise seltsam anmuten. So wurde der Platz an der Hexenbleiche anfangs abgelehnt, "weil das Gebäude an keiner Hauptstraße zu stehen komme."
Die neue Schule (heutige Kreismusikschule) wurde dann doch für 12000 Gulden an der Hexenbleiche erbaut. Im Frühsommer 1843 konnte das neue Schulgebäude bezogen werden. Gegen Ende der 1860er Jahre stieg die Schülerzahl sprunghaft auf ca. 250 Schüler an. Deshalb erfolgte 1869 der Ausbau des dritten Stocks. Da der Zuzug weiter anhielt, musste 1898 ein weiteres Gebäude, das alte Kreisamt gegenüber, hinzugenommen werden (es musste später dem Parkplatz der Kreissparkasse weichen). Auch eine Erweiterung 1905 durch eine Baracke war auf die Dauer keine Lösung, und so wurde ein weiterer Neubau notwendig.
Seit der Reichsgründung 1871 kam es zu einer grundlegenden Änderung der Bildungsziele. Zuvor hatte das Humboldtsche Bildungsideal, die humanistische Allgemeinbildung, als verbindlich gegolten. Alte Sprachen, die griechische Götterwelt sowie die römische Geschichte hatten ein Großteil des Lehrplanes eingenommen. Doch das Anwachsen des Wissens, insbesondere auf dem naturwissenschaftlichen Sektor, das Auftreten neuer wissenschaftlicher Disziplinen wie der Soziologie oder den Wirtschaftswissenschaften sowie die damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen verhinderten die Aufrechterhaltung des humboldtschen Bildungsmonopols.
Von nun an musste schon während der Schulzeit in gewissem Maße eine Spezialisierung in Kauf genommen werden. Zudem orientierten sich die Bildungsziele jetzt mehr an dem Wissen der Zeit.